Dr. König´s Märklin-Digital-Page


Grundlegendes, Begriffe und Datenformat

Ich möchte das Rad nicht noch einmal erfinden und werde daher bei Themen, die bereits anderweitig erschöpfend behandelt sind, hierauf verweisen. Daher in aller Kürze:

System

Die Märklin-Digital-Steuerung beruht auf dem Prinzip, daß die Kontrolleinheit (Controller, Control-Unit) für jeden Empfänger (Dekoder in Lok, Waggon, Weiche etc.) Steuersignale generiert und diese über einem Verstärkrer (Booster) der Betriebsspannung quasi aufprägt: Die am Gleis anliegende Betriebsspannung wird entsprechend der Steuersignale zwischen +18 V ...+22 V und -18 V ... -22 V hin- und hergeschaltet; die in den Loks, Waggons, Weichen usw. eingebauten Dekoder reagieren nur auf für sie bestimmte Signalpakete. Jedes Signalpaket besteht aus einem Adressteil und einem Steuerteil; nur bei Übereinstimmung des Adressteils mit der an dem jeweiligen Dekoder eingestellten Adresse erfolgt eine Auswertung und Ausführung der Steuerdaten.
Konkret wird das sog. Motorola-Protokoll, wie es in den Motorola-ICs MC145026, MC145027 und MC145029 (das mittlerweile nicht mehr erhältlich ist) implementiert ist, verwendet. Bemerkenswert hieran ist, daß die Adressdaten nicht der zweiwertigen Logik entsprechen, also als Bits bezeichnet werden können, sondern auf der dreiwertigen Logik beruhen: Die Trits (oder t-Bits) können 0, 1 und offen (open) sein. Als Sendeimpuls wird dies durch jeweils zwei Bits realisiert, die in der Kombination ein Trit darstellen. Die ersten vier Trits beschreiben die Adresse, so daß im ursprünglichen Motorola-Format 81 Adressen eingestellt werden können. Es folgt als fünftes Trit das Sonderfunktionstrit, das von Märklin nur mit den beiden Zuständen "00" für Masse und "11" für Plus verwendet wird. Den Abschluß bilden die ursprünglich ebenfalls nur binär verwendeten vier Datentrits, die bei Lokdekodern die Geschwindigkeit und bei Weichendekodern die Weichen-Subadresse darstellen.
Soweit das alte, ursprüngliche Datenformat. Mittlerweile wird aber für die Lokbefehle bei allen Trits die dreiwertige Zuordnung deren Bestandteile aufgelöst, so daß der Adressteil mit 8 Bits 256 Adressen ermöglicht und das Sonderfunktionstrit tatsächlich 4 Kombinationen erlaubt, die z.B. beim Wikinger-Dekoder und beim ESU-Lokpilot unmittelbar ansteuerbare 27 Fahrtstufen ermöglichen. Bei den Geschwindigkeitsdaten hat Märklin sowohl die Richtung als auch die Kommandos für die 4 Extrafunktionen inkorporiert.
Weitergehende Ausführungen erspare ich mir; Einzelheiten zum alten Datenformat kann sehr schön bei Dr. Konrad Froitzheim oder auch in den entsprechenden Ausgaben der Elektor nachgelesen werden. Sogar Märklin bietet mittlerweile eine entsprechende Einführung nebst Hinweisen zu Dekodern an, an die man freilich nicht zu hohere Erwartungen knüpfen sollte. Eine - das neue Format jedoch nicht berücksichtigende - Beschreibung kann man von Carsten Meyer beziehen.
Wichtig zu wissen ist auch, daß - wie oben angesprochen - seit 1994 für die Loksteuerung ein neues oder erweitertes Motorola-Format - das man wohl besser als Märklin-Format bezeichnen würde - zur Anwendung gelangen kann, wenn die Märklin-Control-Unit (6021) über DIP-Schalter entsprechend eingestellt wird. Dieses neue Datenformat, bei dem der binäre Zusammenhang der einzelnen Bits der vier Steuerdaten-Bitfolgen aufgelöst wird, so daß jedes Bit dieser vier Bitfolgen als separates Bit fungiert, hat Dr. Andrea Scorzoni hervorragend beschrieben. Da aber z.B. EDITS und auch einfache Eigenkonstruktionen auf dem Motorola-Chip MC145026 basieren, der dieses neue Format nicht beherrscht, ist man zur Nutzung der Features des neuen Formats auf die Control-Unit der Fa. Märklin, eine - naturgemäß flexible - Softwarelösung oder aber eine völlige Eigenkonstruktion etwa mittels eines Mikrocontrollers angewiesen. Die Fa. Uhlenbrock hat bereits die von der Fa. Modeltreno entwickelte Intellibox (IB) auf den Markt gebracht, die nicht nur vieles besser kann als die Mräklin-Hardware sondern auch die anderen Digitalformate erzeugt.
Die Steuerung umfaßt für maximal 80 Loks die Richtung und Geschwindigkeit in fünfzehn Stufen sowie eine schaltbare Funktion, die zwischen Rückwärtsfahrt und Vorwärtsfahrt unterscheidet. Das neue Protokoll bietet u.a. eine verbesserte Fahrtrichtungsumschaltung bzw. deren Kontrolle sowie vier Extra-Funktionen, bei denen aber nicht zwischen Rückwärts- und Vorwärtsfahrt unterschieden wird. Für HO gibt es mittlerweile Lok-Dekoder, die diese Funktionen zur Verfügung stellen, in entsprechenden Loks eingebaut. Irgendwann wird man sie auch einzeln kaufen können.. 256 (bei EDITS 324) Weichen und andere Schaltverbraucher können geschaltet werden. Mehr kann kann auf USA-Märklin-WWW-Site sowie im Märklin-Digital-Buch nachgelesen werden. Eine sehr allgemeine Einführung findet man bei Modeltreno. Eine sehr ausführliche, aber nicht auf das Märklin-System beschränkte FAQ zum Thema Digital bietet die DER_MOBA.

Equipment

Märklin-Controller Als Controller dienen bei Märklin die - ggfs. durch den Transformator (6001) "gepushte" Control-Unit (6021) mit entsprechenden Erweiterungen für weitere Loks bzw. "Lokführer", Weichen, Fernsteuerung, PC-Interface usw. (6036, 6040, 6070/71, 6050/51 usw.) oder die Delta-Controller (6604) mit verringertem Leistungsumfang, die allerdings um den Funktionsschalter erweitert werden können. Andere Controller sind z.B. die von Modeltreno, die Intellibox von Uhlenbrock/Modeltreno, die EDITS-Steuereinheit aus Elektor, diverse Eigenentwicklungen auf Basis des Motorola-Chips MC145026 oder mit eigener Impulserzeugung sowie Software-Lösungen, bei denen der Rechner die Signale selbst erzeugt.

Märklin-Booster Die Verstärkung erfolgt bei Märklin durch den Booster (6017), wenn die Leistung der Control-Unit (erwartungsgemäß) nicht genügt. Ähnliches mit größerer Leistung und stabilerer Spannung bietet z.B. der EDITS-Booster sowie andere Eigenentwicklungen. Man kann auch versuchen, mit einem Hybrid-Verstärkerbaustein einen Booster aufzubauen.

Märklin-Delta-Dekoder Als Dekoder für die Loks ist zunächst der Delta-Dekoder (6603) zu nennen, der gegenüber dem teureren Digital-Dekoder c80 (6080) den Nachteil der Adressierbarkeit auf nur 15 Adressen und des Fehlens der schaltbaren Funktion aufweist, allerdings (gegenwärtig) den Vorteil hat, daß der neuere und für das neue Format geeignete 701.17b-Chip verwendet wird. Märklin bietet für Waggons und Spezialfälle andere Dekoder an, die hier aber nicht weiter interessieren. Ähnliches gibt es ebenfalls von dritter Seite. Auch der Selbstbau - z.B. im Rahmen des EDITS-Projekts von Elektor - ist möglich. Besonders hervorzuheben ist der Selbstbau des Wikinger-Dekoders mittels PIC, der zu einem Dekoder mit sehr vielen Features und einem unschlagbaren Preis-/Leistungsverhältnis führt. Wer den völligen Selbstbau scheut kann den Delta-Dekoder funktional zum Digital-Dekoder umbauen und die vier Extrafunktionen ergänzen. Der 6090-Dekoder mit Lastregelung ist von einem neuen Typ abgelöst (Nr. 60901/60902), der zusätzlich auch Zugriff auf die vier Extra-Funktionen des neuen Formats ermöglicht. Es gibt Konkurrenzprodukte von z.B. Uhlenbrock die m.E. preislich keine Alternative darstellen aber kleiner und möglicherweise auch weniger empfindlich sind, und Modeltreno. Der Selbstbau-Dekoder aus dem EDITS-Projekt ist nur etwas für Löter mit starken Nerven und ruhiger Hand; mangels Eignung für das o.e. neue Format dürfte er weniger attraktiv sein. Der Selbstbau des Wikinger-Dekoders hingegen ist trotz oder wegen der ausschließlichen Verwendung von SMD-Bauteilen weniger Fummelarbeit, allerdings nicht jemanden zu empfehlen, der bislang nur Regenrinnen zusammengelötet hat.
Märklin-Weichen-Dekoder Für Weichen und ähnliche Schaltverbraucher gibt es verschiedene Weichen- und Schaltdekoder (6073, 6083, 6084 usw.). Auch diese können durch Drittprodukte oder Eigenbauten ersetzt werden. Da bei Weichen u.ä. besonders reizvoll ist, durch die Ausstattung jeder Weiche mit einem Dekoder die Strecke jederzeit ohne weitere Verkabelung umbauen zu können, der einzelne Dekoder jedoch mehr kostet als ein Weichenpaar, läßt sich durch den Selbstbau etwa der EDITS-Weichendekoder mit einer eigens dafür entwickelten Platine sehr viel Geld sparen. Hervorzuheben ist, daß auch im neuen Format die Ansteuerung der Weichen etc. unverändert ist, also z.B. der EDITS-Weichendekoder unverändert verwendet werden kann.

Eine eingehende Beschreibung des Märklin-Digital-Equipments findet sich in englischer Sprache auf der USA-Märklin-WWW-Site.

Probleme

Bei Neuanschaffung von Dekodern würde ich - wenn es denn Märklin-Teile sein sollen, eine Regelung nicht nötig ist und der (auch nur mittelbare) Selbstbau ausscheidet - nur "mittelalte" Delta-Dekoder kaufen. Ältere Delta-Dekoder sowie die Digital-Dekoder sind nämlich noch mit dem älteren 701.13-Chip ausgestattet. Zum einen kann das neue Protokoll bei H0 nur mit neuen Delta-Dekodern, die den 701.17b-Chip aufweisen, sinnvoll eingesetzt werden. Zwar akzeptieren - worauf ausdrücklich hinzuweisen ist - auch die älteren Delta-Dekoder sowie die Digital-Dekoder mit dem 701.13-Chip dieses Format bzw. eine Mischform, die an der Control-Unit eingestellt werden kann; die neuen vier Extrafunktionen sowie die permanente Fahrtrichtungskontrolle sind aber nicht verfügbar. Hinzu kommt, daß die Zwischenfahrtstufen nur ab dem 701.17 zur Verfügung stehen. Zum anderen habe ich festgestellt, daß zumindest meine Dekoder mit dem älteren 701.13-Chip Probleme bei Controllern bereiten, die nicht wie die Märklin-Controller die Fahrtrichtungsumschaltung durch den Tastendruck am linken Regleranschlag bewerkstelligen sondern die Fahrtrichtung durch Drehen des Reglers nach links bzw. rechts über den Nullpunkt in der Mittelstellung umschalten. Bei schnellem Fahrtrichtungswechsel muß bei diesen Controllern nicht unbedingt gewährleistet sein, daß vor dem Umschaltsignal das Signal für Stillstand ausgesendet wird, was diese älteren Chips offenbar erwarten, da die Loks sehr oft unbeirrt weiterfahren. Bei Eigenbau-Controllern verkompliziert dies die Schaltung erheblich. Allerdings können die neuen Features - wie oben erwähnt - nur mit Controllern genutzt werden, die auch das neue Protokoll beherrschen. Der Umbau älterer Controller ist nicht einfach, aber je nach Konstruktion möglich. Ein entsprechender Umbau von EDITS wird aber wohl leider nie erfolgen.
Auf dem neuen Delta-TELEX-Dekoders Nr.66031 hingegen werkelt der 701.21B, bei dem in den auf diesem Dekoder verwendeten Versionen keinen Weg gefunden hat, die Sonderfunktion zugänglich zu machen - hierzu bedarf es einer zusätzlichen Schaltung. Die originäre TELEX-Schaltfunktion des 66031 wird hingegen allgemein als unbefriedigend empfunden.

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