DR. KÖNIG & COLL.

RECHTSANWÄLTE


Abhandlung zum EDV-Recht

Die Urheberabgabe und das Kopieren von Audio-CD (Legal digital)

von RA Dr. M. Michael König

Musik-CDs - und CCs werden heimlich und mit schlechtem Gewissen kopiert. Gleichzeit schimpft man über die Urheberabgabe auf Cassettenrecorder, CC, CD und demnächst auch CD-Writer. Völlig grundlos, wie man gleich erkennen wird.

Vor kurzem schreckten manche bei der Meldung auf, daß nach einer Mitteilung der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) künftig ausnahmslos alle Hersteller oder Importeure von CD-Brennern für jedes in Deutschland verkaufte Gerät eine Urheberabgabe von DM 17.- zahlen müßte. Vorangegangen war ein Streit zwischen Hewlett-Packard (HP) über die Urheberabgabe auf CD-Writer. Dieser endete zunächst mit einem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patentamt (DPA)[1]. Dieser Einigungsvorschlag lautete wie von der GEMA bekanntgemacht. Allerdings war dies nur ein Einigungsvorschlag, den HP nicht angenommen hat. Nun werden die Gerichte hierüber entscheiden.

Der Hintergrund des Verfahrens ist:

An sich stehen nach dem Urheberrechtsgesetz sämtliche Verwertungshandlung allein dem Urheber bzw. dem von diesem Berechtigten zu. § 53 UrhG macht hiervon eine Ausnahme und privilegiert gewissen Bereiche, in denen sozusagen legal "Raubkopien" hergestellt werden dürfen. Hier im Bereich der Musik ist für den Rezepienten § 54 Absatz 1 UrhG relevant:

Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum privaten Gebrauch herzustellen. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen; doch gilt dies für die Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste nur, wenn es unentgeltlich geschieht.

Die weiteren Ausnahmen des § 53 UrhG interessieren hier nicht weiter; nur vorsorglich weise ich darauf hin, daß diese Ausnahmebestimmung auch nicht für Software gilt.

Mit anderen Worten: In bestimmten Bereichen und einem bestimmten Umfang darf man zu privaten Zwecken Kopien urheberrechtlich geschützter Werke anfertigen. Grund für diese - im Kern schon sehr alte - Regelung ist, daß einerseits der Urheber in den betreffenden Bereichen faktisch ohnehin keine Kontrollmöglichkeit besitzt und man andererseits den privaten Bereich solchen Überwachungen nicht unterstellen will.

Aber: Als Kompensation für diese "gesetzliche Lizenz" ordnen §§ 54 ff UrhG eine pauschale Abgeltung an. Die zentrale Bestimmung in § 54 Absatz 1 Satz 1 UrhG lautet:

"Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, daß es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild oder Tonträger oder durch Übertragungen von einem Bild oder Tonträger auf einen anderen nach § 53 Abs. 1 oder 2 vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller
1. von Geräten und
2. von Bild oder Tonträgern,
die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild oder Tonträger geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen."

Also ist das Recht auf private Kopien kein Geschenk, denn der Urheber erhält hierfür eine Vergütung - wenn auch nicht von jedem einzelnen Kopierenden sondern pauschal vom Lieferanten der hierfür verwendeten Gerätschaften. Man braucht diese Kopien also nicht heimlich vorzunehmen oder gar ein schlechtes Gewissen zu haben.

§ 54d Absatz 1 UrhG regelt zusammen mit einer Anlage zu dieser Vorschrift die angesprochene Vergütung (hier nur im relevanten Umfang abgedruckt):

"Als angemessene Vergütung nach § 54 Abs. 1 und § 54a Abs. 1 und 2 gelten die in der Anlage bestimmten Sätze, soweit nicht etwas anderes vereinbart wird.

Die Vergütung aller Berechtigten beträgt
1. für jedes Tonaufzeichnungsgerät 2,50 DM
2. für jedes Bildaufzeichnungsgerät mit oder ohne Tonteil 18,00 DM"

§§ 54f, 54g UrhG regelt die Verpflichtung der Lieferanten, die Mengen der Geräte zu melden und hierüber Auskunft zu erteilen. Dies aber nicht gegenüber jedem einzelnen Urheber, sondern, wie § 54h Absatz 1 UrhG bestimmt, nur an Verwertungsgesellschaften:

"Die Ansprüche nach den §§ 54, 54a, 54f Abs. 3 und § 54g können nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden."

Die Erlaubnis zu Privatkopien sowie die Urheberabgabe stehen also in einem wechselseitigen Verhältnis. Die Geräteabgabe stellt nichts anderes dar als ein pauschales Entgelt dafür, daß in gewissem Umfang legal "raubkopiert" werden darf. Andererseits hat sie keine Berechtigung, wenn solche Kopien aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder rechtlich nicht zugelassen sind. Wie oben erwähnt liegt der weit überwiegende Schwerpunkt dieses Kopierens im privaten Bereich. Anlaß hierfür war, daß eine Kontrolle und Überwachung des privaten Bereich als nicht möglich, nicht zumutbar und als für den davon Betroffenen als nicht hinnehmbar (Schutz der Privatsphäre) angesehen wurde. Aus demselben Grund wurde als Schuldner für diese Entschädigung nicht der Benutzer sondern der im weitesten Sinne Lieferant herangezogen.

Wer darf nun nach § 53 Absatz 1 UrhG für den eigenen privaten Gebrauch kopieren? Die Rechtsprechung ist der Auffassung, daß jeder hierzu berechtigt ist, der rechtmäßig in den Besitz eines Werkstücks gelangt ist.
Das einfachste Beispiel hierfür ist der Kauf einer CD (ich unterstelle nachfolgend stillschweigend, daß auch das digitale Kopieren einer CD unter §§ 53ff fällt). Man wird dadurch Eigentümer und Besitzer dieses Werkstücks (das hat nichts mit den Urheber- und Verwertungsrechten zu tun. die nach wie vor beim Urheber liegen) und kann die Rechte aus § 53 Absatz 1 UrhG ausüben.
Damit aber nicht genug. § 53 Absatz 1 UrhG erfordert entgegen einer landläufigen Annahme nicht, daß man Eigentümer des "Originals" ist. Nach § 53 Absatz 1 UrhG darf vielmehr jeder berechtigte Besitzer eines Werkstücks dieses zum eigenen privaten Gebrauchs vervielfältigen. Es ist also weder anstößig noch gar strafbar sondern gerade im Gegenteil ganz und gar legal, wenn man sich von einem Freund eine CD ausleiht und diese für sich, also für den eigenen privaten Gebrauch, kopiert. Voraussetzung ist nur, daß der Freund diese CD selbst legal erworben hat; Kopien von Raubkopien sind also nicht zulässig. Man hat dieses Vervielfältigungsrecht ja bereits durch die Urheberabgabe "erworben", so daß man dieses auch ohne schlechtes Gewissen in Anspruch nehmen kann.

Was tun, wenn man selbst keinen CD-Brenner besitzt oder damit nicht zurecht kommt? Das Gesetz weiß auch darauf eine Antwort: Nach § 53 Absatz 1 Satz 2 UrhG darf man die Vervielfältigung auch durch einen Dritten vornehmen lassen, sofern er dies hier - bei Musikwerken - unentgeltlich vornimmt. Man kann sich also von Freund A eine CD ausleihen und diese Freund C zur Herstellung einer Kopie geben.
Da es keine Einschränkung hinsichtlich des Dritten gibt, kann ich die von Freund A erhaltene CD auch diesem mit der Bitte um Anfertigung einer Kopie zurückgeben. Zur Rückabwicklung der Besitzverhältnisse gibt dieser dann Original und CD zurück und erhält wiederum zur Beendigung der Leihe von mir erneut sein Original.
Da das "hin und her" von CD sinnlos erscheint, müßte es folgerichtig auch zulässig sein, Freund A gleich zu bitten, eine Kopie für den eigenen privaten Gebrauch herzustellen. Allerdings erfüllt dies formal nicht den Tatbestand des § 53 Absatz 1 UrhG, denn Freund A kopiert ja nicht eine von einem anderen erhaltene CD für diesen sondern kopiert seine unverändert in seinem Eigenbesitz befindliche CD für einen anderen - er nimmt also gerade nicht ein von § 53 Absatz 1 UrhG privilegiertes Kopieren für eigene private Zwecke vor.
Zwar ist Jura, wenn es trotzdem klappt, und so könnte ich mich mit Freund A auf ein sogenanntes Besitzkonstitut verständigen. § 930 BGB sagt dazu:

"Ist der Eigentümer im Besitze der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, daß zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt."

Aber letztlich sind dies juristische Fingerübungen, denn faktisch läßt sich die Behauptung eines "hin und her" der CD nicht widerlegen.

Dieses Recht aus § 53 Absatz 1 UrhG beschränkt sich auch nicht auf eine einzige Vervielfältigung. Als Richtschnur hat sich die Zahl sieben etabliert: Sieben Kopien seien erlaubt. Allerdings ist dies weder Gesetz noch ein Dogma: Maßgeblich ist das Erfordernis des privaten Gebrauchs. Wer also für seine zehn Familienmitglieder einen Liedtext kopieren will, damit jeder vom Blatt absingen kann, darf dies tun. Die Notwendigkeit von zehn Kopien einer CD ist hingegen nur vorstellbar.

Schlußendlich sollte man unbedingt § 53 Absatz 6 UrhG beachten:

"Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden."

Wer also meint, nun reichlich für den angeblich eigenen privaten Gebrauch kopieren und diese Kopien dann verkaufen zu dürfen, hat sich verkalkuliert. Dies gilt übrigens auch für wirklich zunächst für den eigenen Gebrauch hergestellte Kopien - auch diese dürfen nach dem Gesetz nach Beendigung des eigenen Gebrauchs nicht verbreitet werden.

All dies erfaßt grundsätzlich nicht den Download von Musikwerken aus dem Internet. Denn hierbei kopiert man ja kein Werkstück, das man - wie auch immer - rechtmäßig zu Besitz erhalten hat. Man stellt vielmehr von einem in einem fremden Besitz befindlichen Werkexemplar per Download eine eigene Kopie her. Dies ist schon tatbestandsmäßig nicht von § 53 UrhG erfaßt. Auch ist der Sachverhalt von dem Entleihen einer CD und der Herstellung einer eigenen Kopie so sehr verschiedenen, daß mir auch eine analoge Anwendung von § 53 UrhG nicht als zulässig erscheint.
Ich sehe daher den Download von Musikwerken, sofern dies nicht vom Urheber lizenziert ist, als eine Urheberrechtsverletzung an. Man stellt damit also eine Raubkopie her und derjenige, der den Download ermöglicht, beteiligt sich an diesem Vergehen des Raubkopierers, macht sich also ebenfalls strafbar. Anders, wie gesagt, wenn der Urheber dies gestattet - sei es unentgeltlich, sei es gegen Entgelt. Aber ein Fall der §§ 53ff UrhG wird in diesem Fall des rechtmäßigen Downloads auch nicht daraus - und sei es nur deswegen, weil eine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers das Eingreifen des § 53 UrhG nach Sinn und Zweck ausschließt. Denn § 53 UrhG regelt ja den Fall der "gesetzlichen Lizenz" ohne Beteiligung des Urhebers.
Allerdings ist mir hierzu keine Gerichtsentscheidung bekannt; man muß daher auch mit gegenteiligen Entscheidungen rechnen.

Zurück zum Streit zwischen HP und der GEMA:

Die Frage, ob CD-Writer von der Regelung über die Urheberabgabe erfaßt werden, tangiert zwei wesentliche Aspekte:

Die grundlegende Frage ist, ob §§ 53, 54 UrhG überhaupt anwendbar ist, da es sich um eine digitale Vervielfältigung handelt und nicht um eine analoge Vervielfältigung, wie sie bei Konzeption des Gesetzes allein bekannt und vor allem absehbar war. HP hat diese Frage verneint. Die Schiedsstelle war anderer Auffassung und kann sich hierbei auf die einschlägigen juristische Kommentierungen beziehen. Ich wäre nicht überrascht, wenn sich auch die Rechtsprechung dieser Meinung anschließen würde.

Die nächste Frage ist, ob die aus dem PC Bereich bekannten bzw. dafür bestimmten CD Brenner zur Herstellung solcher Kopien bestimmt im Sinne des § 54 UrhG sind. HP hat dies verneint; die Schiedsstelle macht es sich hier m.E. etwas zu einfach und scheint sich auch nicht gänzlich von der früheren Rechtslage lösen zu können, in der lediglich die Geeignetheit gefordert war. "Bestimmt sein" bedeutet mehr und kann nicht dazu führen, daß jede nebensächliche und nicht dem eigentlichen Zweck entsprechende Benutzung die Fälligkeit einer Urheberabgabe zur Folge hat. Ich sehe es daher als vertretbar an, nicht mehr von einer "Bestimmung" der CD-Writer auszugehen, wenn ein effektiver Kopierschutz existiert.

Hier hilft m.E. auch nicht der Rückgriff auf den Download vom Musik aus dem Internet. Denn diese Vervielfältigungen erfolgen ja, wie ich oben erläutert habe, gerade nicht nach § 53 UrhG, wie es in § 54 UrhG als Voraussetzung normiert ist. Entweder wird die Musik mit Zustimmung des Urhebers gratis zum Download bereitgestellt oder gegen Entgelt - oder es sind Raubkopien. Jedenfalls sind es keine Vervielfältigungen nach § 53 UrhG.
Bei konsequenter Anwendungen des Zwecks von §§ 53ff UrhG darf man diese Musikwerke also nicht als von diesen Regelungen erfaßt ansehen. Diese Folgerung ist auch nur logisch, denn §§ 53ff UrhG gehören zusammen und ergänzen sich gegenseitig: §§ 54ff UrhG soll nur eine Kompensation für Vervielfältigungen normal geschützter Werke geben, die der Urheber nur nach § 53 UrhG hinzunehmen hat. Bei gratis angebotenen Downloads verzichtet er aber auf eine Vergütung, bei Downloads gegen Entgelt erhält er eine Vergütung und gegen Angebote von Raubkopien kann er bzw. sein Verleger sich wehren.

Was allerdings die Rechtsprechung hieraus machen wird, bleibt abzuwarten. Auch hier wäre ich nicht überrascht, wenn die Gerichte § 54 UrhG anwenden würden.

[1] Einigungsvorschlags der Schiedsstelle beim Deutschen Patentamt vom 5.5.2000, AZ Sch-Urh 12/99, http://www.gema.de/aktuell/urteil_schiedsstelle.html

Das Kopieren von Audio-CD zu privaten Zwecken ist zulässig; der Donwload von Musikwerken aus dem Internet ohne Zustimmung des Urhebers bzw. Berechtigten hingegen nicht. Eine Geräteabgabe auf CD-Brenner erfordert, daß CD-Brenner gerade zum Herstellen von Vervielfältigungen von Musikwerken bestimmt sind; insbesondere Kopiersperren sprechen aber gegen ein solches "Bestimmtsein". Insbesondere stellt der Download von Materialien gleich welcher Art aus dem Internet keine nach § 53 UrhG privilegierte und eine Geräteabgabe rechtfertigende Verwertungshandlung dar.

Dieser Beitrag ist in bearbeiteter Form in cīt 16/2000 S.186 erschienen. Er gibt die Rechtslage und Meinung des Verfassers zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder.

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