DR. KÖNIG & COLL.

RECHTSANWÄLTE


Abhandlung zum EDV-Recht

DDR-Copyrights (Fragwürdige Forderungen)

von RA Dr. M. Michael König

Im Zuge der Einigung lassen einige, insbesondere große Software-Hersteller mit Blick auf die Ex-DDR die Muskeln spielen. So wollen z.B. Ashton Tate und Microsoft all diejenigen belangen, die mit den dort in reicher Zahl kursierenden Plagiaten REDABAS (dBASE III+) und DCP (statt MS-DOS) weiterhin arbeiten.
Zwar ist verständlich, daß die hiervon betroffenen Software- Hersteller über das enorme "Raubkopierertum" in der ehemaligen DDR nicht erfreut sind. Wenn dabei jedoch vollmundig von "strafbaren Copyright-Verletzungen" die Rede ist, so wird dies den informierten Juristen zu einem bedenklichen Stirnrunzeln veranlassen: Entgegen der landläufigen - und von der Softwareindustrie verständlicherweise unterstützten - Auffassung steht es jedoch um den Urheberrechtsschutz für Computerprogramme nicht unbedingt zum Besten. Wegen des gerade im östlichen Deutschland vorherrschenden Wissensdefizits sollen daher nachfolgend die Möglichkeiten eines Schutzes von Computerprogrammen nach bundesdeutschem Recht in aller Kürze dargestellt werden. Dies kann jedoch keinesfalls die Beratung und ggfs. Vertretung durch einen fachlich entsprechend ausgerichteten Rechtsanwalt ersetzen, sondern dient nur der groben Orientierung des juristischen Laien.

Nach wie vor wird als zentrales Schutzinstrument das Urheberrecht angesehen. Demzufolge stützen sich die Software- Hersteller auch ausdrücklich auf das Urheberrechtsgesetz (UrhG). Dies scheint auch durch § 2 I Ziff.1 UrhG sowie die höchstrichterliche Rechtsprechung gerechtfertigt zu sein: § 2 I Ziff.1 UrhG bestimmt explizit, daß zu den geschützten Werken insbesondere

"Sprachwerke, wie Schriftwerke und Reden, sowie Programme für die Datenverarbeitung"

zählen. Die "Programme für die Datenverarbeitung" wurden anläßlich der Urheberrechtsreform 1985 eingefügt, und zwar als rein deklaratorische Bestätigung der bestehenden Rechtsprechung. Nur kurze Zeit vor dieser definitiven Gesetzesänderung hat der Bundesgerichtshof am 9.4.1985 in seiner grundlegenden "Inkassoprogramm"-Entscheidung[1] erstmalig Computerprogramme als im Grundsatz dem Urheberrechtschutz zugängliche Werke qualifiziert.

Der Schutzbereich des Urheberrechtsgesetzes wird jedoch sowohl in der Öffentlichkeit als auch von fachlich nicht entsprechend ausgerichteten Juristen verkannt. Zunächst ist nicht jedes "Werk" geschützt, sondern gem. § 2 II UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen. In dem hier relevanten Bereich der Technik und Wissenschaft schützt das Urheberrechtsgesetz weiterhin nicht die dem Programmierer besonders am Herzen liegende Programmier- /Entwicklungsleistung, sondern nur dessen - eigenschöpferische (§ 2 II UrhG) - Darstellung. Ein Beispiel mag dies veranschaulichen:

Der geniale Kernphysiker Dr. G. entdeckt nach intensiven Forschungen eine einfache Möglichkeit, die Kernfusion zur Energiegewinnung zu nutzen. Im Überschwang seiner Entdeckerfreude verfaßt er sogleich einen ausführlichen, auch die Konstruktion eines entsprechenden Fusionsreaktors beschreibenden Artikel, der auch in einer Fachzeitschrift abgedruckt wird. Bereits wenige Wochen danach werden von verschiedenen Herstellern handliche Fusionsreaktoren hergestellt, die samt und sonders nach den von Dr. G. endeckten und beschriebenen Funktions- und Konstruktionsprinzipien hergestellt sind. Dr. G. fühlt sich um die "Früchte seiner Arbeit" gebracht und verlangt von den betreffenden Herstellern Lizenzgebühren bzw. Schadensersatz.

Leider geht das Begehren des Dr. G. ins Leere. Das Urheberrechtsgesetz schützt lediglich seinen Artikel in der Fachzeitschrift vor Vervielfältigung, nicht jedoch die Realisierung und Ausnutzung der von ihm entdeckten und beschriebenen Möglichkeiten der Energiegewinnung. Hierfür kann er nur über das Patentgesetz Schutz erlangen - sofern seine Entdeckungen patentierbar sind.

Mit der Erkenntnis, daß das Urheberrechtsgesetz im Bereich von Technik und Wissenschaft - zu dem Computerprogramme zählen - lediglich die Darstellung, nicht jedoch den Inhalt schützt, gelangen wir unmittelbar zu der problematischen Frage, was denn bei Computerprogrammen Darstellung und was Inhalt ist. Zwar scheint bei oberflächlicher Betrachtung wegen der o.e. Gesetzeslage und Rechtsprechung die Antwort klar zu sein; bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, daß dem mitnichten so ist.

Zum Zeitpunkt der Gesetzesberatung und -verabschiedung 1985 war zumindest die Begründung des Urteils des Bundesgerichtshof noch nicht bekannt. Die Pointe liegt in den Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die in den Computerprogrammen zum Ausdruck gelangende persönliche geistige Schöpfung. Danach beginne erst in einem erheblichen weiteren Abstand von dem handwerksmäßigen Können des Durchschnittsprogrammierers die unterste Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit, nämlich dort, wo die Gestaltungstätigkeit das allgemeine Durchschnittskönnen in Auswahl, Sammlung, Anordnung und Einteilung der Informationen und Anweisungen - also die Möglichkeiten der Darstellung - deutlich überrage. Da sich diese Anforderungen an die persönliche geistige Schöpfung bei Computerprogrammen deutlich von den Anforderungen an andere Werke unterscheidet, hat der Bundesgerichtshof den Urheberrechtschutz von Computerprogrammen zwar theoretisch bejaht, praktisch jedoch verneint. Dem steht auch nicht der Gesetzeswortlaut entgegen, den jedes Werk muß die Hürde der persönlichen geistigen Schöpfung gem. § 2 II UrhG überwinden. Nimmt man diese Anforderungen ernst, so können lediglich "geniale" Programme in den Genuß des Urheberrechtsschutzes gelangen, keinesfalls jedoch so im Grunde banale Programme wie Betriebssysteme oder Datenbanksysteme. Die "Genialität" darf sich jedoch nicht in der Entwicklung eines besonders effektiven Algorithmus, also der eigentlichen Programmiererleistung, erschöpfen, sondern muß in der äußeren Gestaltung zum Ausdruck kommen.

Zu klären ist also nach wie vor, was - schützbare - Gestaltung und was - nicht schützbarer - Inhalt ist.

In einigen der wenigen nach der Inkassoprogramm-Entscheidung des BGH ergangenen Urteilen wird dieses - nicht nur - für einen auf dem Gebiet der EDV unkundigen Juristen nahezu unlösbare Problem dadurch umgangen, indem die Urheberrechtsschutzfähigkeit von Programmen der Disposition der streitenden Parteien überlassen - dies ist deswegen unzulässig, weil es sich hierbei um eine allein dem Gericht obliegende Rechtsfrage handelt - oder mit der lapidaren Begründung bejaht wird, es handele sich um ein Betriebssystem und somit per se um ein hochkompliziertes Programm. Die Unzulässigkeit der letztgenannten Argumentation ist offenbar, denn hierbei wird allein auf den Inhalt, nämlich die programmiererische Leistung, abgestellt.
Aus anderen Urteilen wird hingegen deutlich, daß die konsequente Anwendung der das Urheberrecht beherrschenden Grundsätze dazu führt, daß Computerprogrammen der urheberrechtliche Schutz versagt bleibt. Exemplarisch hierfür ist das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.4.1989[2], in dem der tatsächliche Vortrag der Klägerin zur Bejahung der Urheberrechtsschutzfähigkeit eines Betriebssystems nicht als ausreichend angesehen wurde. Das Oberlandesgericht stellte zutreffend fest, daß allein die Kompliziertheit eines Betriebssystems und allgemein der Aufbau einer Sache kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Urheberrechtsschutzfähigkeit ist, weil es insoweit nur auf die äußerlich sinnlich wahrnehmbare Gestalt des Werkes ankommt. Die Darstellung der Problemanalysen, technischen Eigenschaften, Arbeitsvorgänge usw. genügte nicht, um darzulegen, wo Auswahl, Sammlung, Anordnung und Einteilung der Informationen urheberrechtlich faßbaren Kategorien entsprachen.

Diese Argumentation zeigt das m.E. zentrale Problem auf: Das Maschinenprogramm als rein technisches Steuerungsmittel entzieht sich jeder Beschreibung, welche die zur Begründung des Urheberrechtsschutz erforderlichen Elemente aufweist. Hierfür ist allenfalls der Quellcode geeignet. Bei diesem stellt sich jedoch die Frage, ob nicht eine urheberrechtlich relevante individuelle Schöpfung schon deshalb ausscheiden muß, weil sich der Aufbau der Quellcodes grundsätzlich auf inhaltlichen Elementen begründet, die jedoch - als Werk der Tecnik und Wissenschaft - nicht urheberrechtlich schutzfähig sind. Hiervon ausgenommen sind zwar Kommentare bzw. Erläuterungen und möglicherweise auch Variablenbezeichnungen - dies genügt jedoch nicht zur Begründung der Urheberrechtsschutzfähigkeit des entsprechend geänderten Quellcodes sowie des vordringlich interessierenden Maschinenprogramms. Aus technischer Sicht läßt sich der Quellcode ohne weiteres als eine Darstellung technischer Art begreifen, ähnlich einem Konstruktions- oder Schaltplan, nach dessen Vorlage dann das Maschinenprogramm hergestellt wird. Das Maschinenprogramm als Ausführung des Quellcodes kann daher nach dem oben erläuterten Grundsatz der Ausführungs- und Realisierungsfreiheit ohnehin nicht urheberrechtlich geschützt sein. Diese grundsätzlichen Überlegungen fanden bislang indes noch keine Erörterung durch die Rechtsprechung und sollen daher an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Die Entwicklung grafikorientierter Programmiersysteme, bei denen der Quellcode nur ein detaillierter Ablaufplan darstellt[3], spricht jedoch für deren Richtigkeit.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß Computerprogramme in der Praxis nicht in den Genuß des Urheberrechtsschutzes kommen: Zum einen wird es kaum ein Programm geben, daß den Anforderungen des Bundesgerichtshofs an die Schöpfungshöhe genügt, zum anderen erscheint es als nahezu unmöglich, die eine persönliche geistige Schöpfung belegenden Gestaltungselemente etc. zu bezeichnen und zu beschreiben.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage wirken die Ankündigen einiger Software-Hersteller, Raubkopierer bzw. Besitzer von Raubkopien urheberrechtlich zu belangen, doch etwas vollmundig und überzogen. Da jedoch trotz der m.E. recht eindeutigen Rechtslage insbesondere wegen des Fehlens entsprechender Kenntnisse und Erfahrungen der Gerichte in der ehemaligen DDR nicht auszuschließen ist, daß in Verkennung der oben dargelegten Grundsätze doch ab und an die Urheberrechtsschutzfähigkeit eines Computerprogramms bejaht wird, soll nachfolgend unter Unterstellung des Urheberrechtschutzes dargestellt werden, welche Möglichkeiten den Urhebern bzw. Verwertungsberechtigten offenstehen.

Da ohne Erlaubnis hergestellte Kopien unzulässig sind, kann der Berechtigte den Verletzer auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG) in Anspruch nehmen. Weiterhin kann er verlangen, daß alle rechtswidrig hergestellte Kopien vernichtet oder herausgegeben werden (§ 98 UrhG). Vielfach wird jedoch übersehen, daß von diesen Ansprüchen der Erwerber von Raubkopien nicht betroffen ist, sofern er an der Vervielfältigungshandlung nicht teilgenommen hat (§ 98 IV UrhG). Der Nur-Käufer als Endanwender braucht also keine Ansprüche zu befürchten - auch wenn er beim Erwerb wußte, daß es sich um eine Raubkopie handelt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das von einigen anderen Software-Herstellern - z.B. Borland un Informix - dangekündigte Entgegenkommen, den Eigentümern von Raubkopien nach einer Registrierung legale Programmkopien zu überlassen oder die illegalen Kopien zu legalisieren, ohne Bedeutung ist. Jedem hiervon betroffenen Anwender ist vielmehr dringend zu raten, diese Angebote auch dann anzunehmen, wenn der jeweilige Hersteller ein geringes Entgelt verlangt. Allein der Umstand, daß ein ansonsten unbeteiligter Eigentümer einer Raubkopie wegen dieser Programmkopie nicht in Anspruch genommen werden kann, bedeutet nicht, daß diese Kopie legal wird. Der Anwender darf dieses Programm nach wie vor nicht kopieren, verbreiten oder sonstwie verwerten. Er setzt sich also durch die Herstellung einer Sicherungs- oder auch Arbeitskopie den Ansprüchen des Berechtigten und sogar der Strafverfolgung (§ 106ff UrhG) aus. Insbesondere bei modernen Programmen ist ein Arbeiten allein mit einer Disketten- Programmkopie nur sehr umständlich - und manchmal überhaupt nicht - möglich. Hinzutreten die allein dem registrierten Anwender zugänglichen Vorteile, wie kostengünstiges Updating sowie telefonischer und sonstiger Support (Hotline).

Sieht man einmal von der Herstellung einer Arbeits- oder Sicherungskopie ab, so dürften die Versuche, die Benutzung der Raubkopien zu verfolgen, recht erfolglos verlaufen. Anders wäre dies nur, wenn man in der Benutzung der Computerprogramme selbst eine unzulässige Verwertungshandlung sehen könnte. In der Tat wird hier seit einiger Zeit in der juristischen Fachwelt mit Vehemenz darüber gestritten, ob die Benutzung eines Computerprogramms eine nur dem Urheber bzw. Verwertungsberechtigten vorbehaltene Verwertungshandlung darstellt. Diese Diskussion wird von den Informatikern zu Unrecht als "juristische Spinnerei" bewertet, denn sie eröffnet nicht nur die Möglichkeit, dem ansonsten nicht angreifbaren Erwerber von Raubkopien die Benutzung der Programme zu untersagen bzw. eine erfolgte Benutzung zu ahnden, sondern kann auch dazu führen, daß der ansonsten zulässige Weiterverkauf von Original-Programmen untersagt werden kann. Eine weitere, nicht unbedingt auf den ersten Blick zu ersehende Folge wäre auch, daß hierdurch der Handel mit gebrauchten Computern reglementiert werden kann: Wenn Betriebssysteme nicht separat verkauft, sondern nur zusammen mit Neugeräten geliefert werden ("bundling"), so wäre der Erwerb eines gebrauchten Computers völlig sinnlos, falls das dazugehörige Betriebssystem nicht benutzt werden dürfte. Dies ist nicht nur bei MDT-Anlagen oder Mainframes, sondern auch bei PC von Interesse: Bekanntliche gibt es PC-DOS und MS-DOS nicht mehr separat zu kaufen. Eine Entspannung ist indes durch die Einführung des kompatiblen DR-DOS eingetreten.
Aus technischer Sicht ist die Bewertung des Programmlaufs als Verwertungshandlung noch nicht einmal so abwegig, wie man zunächst meinen möchte. Dank der von-Neumann- Architektur der modernen Rechner erfordert grundsätzlich jede Programmbenutzung die Herstellung einer Programmkopie im Hauptspeicher. Das Herstellen einer Kopie, also die Vervielfältigung, ist jedoch eine allein dem Urheber oder Verwertungsberechtigten vorbehaltene Verwertungshandlung (§ 16 UrhG). Es gibt jedoch gewichtige juristische Gründe, die gegen die Qualifizierung der Programmbenutzung als Verwertungshandlung sprechen. Ohne hier auf diese recht komplizierte Argumentation eingehen zu können genügt der Hinweis, daß durch die Herstellung einer Kopie im Hauptspeicher grundsätzlich keine weitere Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird. Die Hauptspeicherkopien sind lediglich zufällige Randerscheinungen eines technischen Prozesses, wie auch der Umstand belegt, daß die in einem ROM befindliche Programme ohne weiteres Kopieren ausgeführt werden können. Dank der neuen Flash-EPROM-Technologien können auch Programme auf ROM-Solid-State-Disks unmittelbar von diesen ausgeführt werden[4]. Außerderm würde hierdurch der das Urheberrecht beherrschende Grundsatz der Freiheit der Benutzung des Werkes umgangen werden.
Da die Gerichte mit dieser Problematik bislang noch nicht befaßt waren, kann eine Prognose nur auf Grundlage des erwähnten rechtswissenschaftlichen Meinungsstreits erfolgen. Hier erscheint mir jedoch die Gegenargumentation wesentlich überzeugender, so daß davon ausgegangen werden kann, daß die Programmbenutzung selbst grundsätzlich urheberrechtlich irrelevant ist.

Die derzeitige Rechtslage stellt sich also so dar, daß Computerprogramme in der Praxis regelmäßig keinen Urheberrechtsschutz genießen. Selbst wenn man diesen bejahen sollte, so würde dies aller Voraussicht nach jedoch nicht dazu führen, daß den Erwerbern von Raubkopien deren Benutzung untersagt werden könnte.

Wer nun jedoch meint, er könne ungestraft Programme kopieren und die Kopien verkaufen - wie z.B. von Robotron hinsichtlich MS-DOS geschehen -, der befindet sich in einem erheblichen Irrtum. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) bestimmt nämlich in § 1:

"Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden."

Als eine solche gegen die guten Sitten verstoßende Handlung wird seit jeher die unlautere unmittelbare Leistungsübernahme gewertet. Diese liegt vor, wenn das Arbeitsergebnis eines Wettbewerbers ohne eigenen Entwicklungsaufwand kopiert und hierdurch der erarbeitete Wettbewerbsvorsprung des Wettbewerbers vereitelt wird. Dementsprechend wird das schlichte Kopieren von Programmen und der Vertrieb dieser Kopien auch von den Gerichten als Verstoß gegen § 1 UWG gewertet[5,6,7]. Als schlichtes Kopieren wird hier das Kopieren von Programmen mittels technischer Hilfsmittel verstanden, also das, was gemeinhin als Raubkopieren bezeichnet wird. Daher kann die Nachahmung eines Programms durch echtes Neuprogrammieren nicht ohne weiteres als von A HREF="http://sunsite.informatik.rwth-aachen.de/Knowledge/germlaws/uwg/p1.html">§ 1 UWG erfaßt angesehen werden. Dies kann hier jedoch nicht weiter ausgeführt werden[8,9].
Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: A HREF="http://sunsite.informatik.rwth-aachen.de/Knowledge/germlaws/uwg/p1.html">§ 1 UWG schützt selbstverständlich nicht davor, daß ein Endanwender für seinen eigenen Gebrauch ein Programm kopiert, denn er handelt nicht "im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbs".
Weitere Erläuterungen zum UWG können an dieser Stelle nicht erfolgen. Gewerbetreibende in der ehemaligen DDR werden ohnhin nicht umhin kommen, sich mit den Grundlagen des Wettbewerbsrechts vertraut zu machen und sich von fachlich entsprechend ausgerichteten Rechtsanwälten beraten zu lassen.

Es bedarf keiner weiteren Diskussion um zu erkennen, daß die derzeitige Rechtslage recht unbefriedigend ist. Der Ruf nach einem schärferen bzw. softwarespezifische Fragen detaillerter regelnden Urheberrecht ist jedoch m.E. der falsche Weg. Gerade die Diskussion um die Bewertung der Programmbenutzung als Verwertungshandlung zeigt zum einen, daß das Urheberrecht einfach nicht auf technische Erzeugnisse wie Computerprogramme paßt, und zum anderen das große Risiko, daß an sich nicht geeignete Regeln zur einseitigen Durchsetzung wirtschaftlichen Interessen einiger weniger Hersteller mißbraucht werden. Der Gesetzgeber sollte vielmehr die Gelegenheit nutzen und endlich - wie schon seit langen Jahren von namhaften Juristen gefordert - ein maßgescheidertes und ausschließliches Sonderschutzrecht für Computerprogramme schaffen. Dies hätte darüberhinaus den Vorteil, daß - anders als bei der derzeit diskuierten EG-Richtlinie - die teilweise doch unterschiedlichen nationalen Urheberrechtsgesetze weder tangiert werden noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Literatur/Rechtsprechungsnachweise:

[1] Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.4.1985, Aktenzeichen I ZR 52/83, abgedruckt in GRUR 1985, Seite 1041
[2] Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.4.1989, Aktenzeichen 4 U 196/86, abgedruckt in CR 1989, Seite 592
[3] Hans-Werner Klein, "Das Programmier-Programm des Dr. P.", F.A.Z. 205/1990 vom 4.9.1990, Seite T6
[4] Siegfried Kröger, "Pfundskerl", CHIP 9/1990, Seite 120
[5] Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.5.1987, Aktenzeichen 6 U 9/87, abgedruckt in CR 1987, Seite 736
[6] Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 20.4.1989, Aktenzeichen 6 U 213/88, abgedruckt in GRUR 1989, Seite 678
[7] Landgericht München I, Urteil vom 12.7.1983, Aktenzeichen 21 O 6448/83, abgedruckt in CR 1986, Seite 332
[8] M.Michael König, "Original und Nachahmung", c't 1/1990, Seite 52
[9] M.Michael König, "Der wettbewerbsrechtliche Schutz von Computerprogrammen vor Nachahmung", NJW 1990, Seite 2233

Dieser Beitrag ist in bearbeiteter Form in cīt 2/1991 S.60 erschienen. Er gibt die Rechtslage und Meinung des Verfassers zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung der weiteren Veröffentlichung.

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