DR. KÖNIG & COLL.

RECHTSANWÄLTE


Abhandlung zum EDV-Recht

Das Computerprogramm im Recht

von RA Dr. M. Michael König

C. II. Erfordernis der Einräumung von Verwertungsrechten

Allein die Feststellung, daß Computerprogramme Sachen oder Sachbestandteile darstellen, reicht nicht aus, um eine Einordnung der Überlassungsformen in die gesetzlich geregelten, eine Sache voraussetzenden Vertragstypen versuchen zu können. Es muß zuvor untersucht werden, ob deren bestimmungsgemäße Verwendung Verwertungscharakter besitzt, also über die bloße Benutzung einer Sache hinausgeht. Sollte dies der Fall sein, so müßte dem Erwerber neben Eigentum oder Besitz an dem Programm zugleich auch das entsprechende Verwertungsrecht zediert werden. Je nach Bedeutung der Verwertungshandlung könnte dies dazu führen, die Einschlägigkeit der besagten Normen zu verneinen oder nur deren entsprechende Anwendung zuzulassen.
Mögliche Verwertungshandlungen können sich daraus ergeben, daß Computerprogramme Know-how darstellen, patentrechtlich geschützt sind oder zu den urheberrechtlich geschützten Werke zählen.

Speziell hinsichtlich des möglichen urheberrechtlichen Schutzes von Programmen vertritt der Bundesgerichtshof demgegenüber die Auffassung, daß verwertungsrechtliche Aspekte unberücksichtigt bleiben müssen. Als Begründung führt er an, daß keineswegs alle Programme urheberrechtlich geschützte "persönlich geistige Schöpfungen" seien, sich die Gewährleistung für Programmfehler jedoch sowohl bei geschützen als auch nicht geschützten Programmen nach denselben gesetzlichen Regeln richten müsse, da diese in keinem Zusammenhang mit urheberrechtlichen Fragen stünde. Schließlich gebe das Urheberrecht auch keine Anwort darauf, welche schuldrechtlichen Vorschriften auf den Erwerb von Computerprogrammen und mögliche Gewährleistungsansprüche anzuwenden sind[239]. Dem haben sich Teile des Schrifttums angeschlossen[240].
Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten[241], daß es durchaus von Bedeutung sein kann, ob eventuelle Verwertungshandlung von solchem Gewicht[242] sind, daß die Überlassung nicht unmittelbar einem der gesetzlich geregelten Vertragstypen zugeordnet werden kann. Wenngleich auch zuzugeben ist, daß auch bei nur entsprechender Anwendung der Gewährleistungsvorschriften geschützte und nicht geschützte Programme nicht wesentlich unterschiedlich behandelt werden dürfen, ermöglicht doch die nur entsprechende Anwendung bestimmter Regeln die problemlose Berücksichtigung scheinbarer Besonderheiten von Computerprogrammen. Außerdem können bei Prüfungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen Probleme entstehen, insbesondere bei Erfassung des "Gesetzlichen Leitbildes" nach § 9 II AGBG. So können formularmäßige sog. CPU-Klauseln, welche die Benutzung von Programmen nur mit einem bestimmten Rechner gestatten[243], oder Weitergabeverbote[244] bei urheberrechtlich geschützten Programmen durchaus zulässig sein, wenn die Programmbenutzung eine Verwertung darstellt[245].

Nachfolgend werden lediglich Verwertungshandlungen berücksichtigt, welche bei derbestimmungsgemäßen Benutzung durch den Anwender anfallen können. Wie eingangs bereits mitgeteilt[246], stellt sich nur bei den Vertragsbeziehungen zwischen Lieferant und Endbenutzer die Frage nach der Einordnung in die gesetzlich geregelten Vertragstypen, denn die zwischen Hersteller und Lieferant geschlossenen Vertriebsverträge entziehen sich idR infolge vielfältiger zusätzlicher Regelungen einer entsprechenden Bewertung.

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239) BGH VIII 314/86 v.3.11.87 NJW 88,406,407
240) Bartl BB 88,2122,2123; Junker JZ 88,464f; ders. JZ 89,316,321; einschränkend auf unbedeutende Verwertungshandlungen Dörner/Jersch IuR 88,137,140; Hoeren GRUR 88,340,346; wie der BGH bereits früher Engel BB 85,1159; i.E. wohl auch Heymann CR 90,112,113
241) Hoeren wendet hiergegen lediglich ein, daß aus der Sicht mancher Lieferanten die Benutzung identisch sei mit einer Verwertung: Hoeren Rdnr.89
242) auf die Bedeutung der Verwertungshandlung stellen ebenfalls ab: Dörner/Jersch IuR 88,137,140; Hoeren GRUR 88,340,346
243) hierzu ausführlich Hoeren Rdnr.212ff
244) hierzu z.B. Bartsch CR 87,8ff; Hoeren Rdnr.144ff
245) dies übersieht K.-A. Bauer, der allein wegen des Fehlens von Rechtsprechung, welche sich speziell mit dieser Frage beschäftigt, einen dringenden Bedarf für die Nichtanwendung des UrhG hierauf verneint: Bauer K.-A. CR 90,89,91
246) oben Einleitung Rdnr.4


C. III. Rechtliche Qualifizierung der Programmüberlassung

Nachdem in den beiden vorherigen Abschnitten das Wesen der Computerprogramme durch deren Qualifizierung als Sache iSd § 90 BGB sowie die Feststellung, daß deren Benutzung keine wie auch immer geartete Verwertung eines Rechts oder Immaterialgutes darstellt, untersucht und beschrieben wurde, ist nunmehr auf das mit dieser Untersuchung verfolgte und eingangs beschriebene Ziel[511] zurückzukommen.

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511) vgl. oben Rdnr.3f

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Dies ist ein Auszug aus dem beim Verlag Dr. Otto Schmidt KG erschienenen Buch "Das Computerprogramm im Recht". Es gibt die Rechtslage und Meinung des Verfassers zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder.

Das Buch ist mittlerweile bis auf wenige Restexemplare vergriffen und nicht mehr über den Buchhandel erhältlich. Diese Restexemplare können beim Autor bestellt werden.

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